Joachim Hall (auch bekannt als Achim Hall; geboren am 4. August 1941 in Braunschweig) studierte u.a. Theaterwissenschaft und ist als Schauspieler, Sprecher und Regisseur tätig, sowie als Pupppenspieler von Spencer aus Hallo Spencer bekannt. Er spielte die Titelfigur von 1979 bis 2001 und begleitete die Produktion der Serie so von Anfang bis Ende. Als Puppenspieler war er parallel zu der Arbeit an Hallo Spencer ab 1989 auch bei der "Sesamstraße" als Rumpel tätig. Heute lebt und arbeitet Hall in Esslingen am Neckar bei Stuttgart.1)
Mit seinem ehemaligen Kollegen Jürgen Meuter, der für Spencers Hände verantwortlich war, verband ihn eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit. Bis 1993 waren die beiden als Spencer ein einmaliges Duo; nachdem Meuter das Spencer-Team verließ, konzentrierte er sich auf seine Karriere als Zauberer in Spanien. Kea Kuhne, eine Mitarbeiterin von PentaTV, spielte Spencers Hände in den letzten Folgen. 2004, als das 25-jährige Jubiläum im KiKA-Studio in Erfurt gedreht worden ist, kam Meuter zurück nach Deutschland, um zu diesem Ereignis ein letztes Mal Spencers Hände zu spielen.
Achim Hall wuchs in Braunschweig auf, wo sein Onkel als Technischer Leiter im Staatstheater angestellt war und ihn schon früh für den Theaterbetrieb begeistern konnte. Auch Halls Begeisterung für dramatische Literatur waren Gründe für eine Schauspiel-Ausbildung nach dem Studium der Kunstgeschichte, Philosophie, Pädagogik und Theaterwissenschaften.2) 1969 gründete er u.a. zusammen mit Gert Heidenreich, Silke Klug und Eva Behrmann das als Kollektiv organisierte Theater in der Kreide (TiK) in München, für das sie sich zehn Jahre die Geschäftsführung teilten und gemeinsam in einer Künstler-Wohngemeinschaft lebten. Das TiK verstand sich als „undogmatisch linkes Zielgruppentheater“3) und inszenierte u.a. die Uraufführungen der von Heidenreich verfassten Stücke „Beim Arsch des Krebses“4), „Komödie vom Aufstand der Kardinäle“5), „Clown und Bürger weint und lacht“6), „Die gestiefelte Nachtigall“7) und „Abriss“8), sowie Neufassungen von Dramenklassikern im Stil des Théâtre du Soleil von Ariane Mnouchkine. Eine besonders erfolgreiche und musikalische Produktion der jungen Gruppe war 1979 eine Inszenierung von Bertolt Brechts und Kurt Weills „Dreigroschenoper“9) mit Hall in der Hauptrolle des Macheath.
1978 nahmen Achim Hall und Eva Behrmann an einem Puppenspieler-Casting im Münchner Sozialtheater teil, ihre Freundin Silke Klug war darauf aufmerksam geworden und brachte die beiden mit, bekam selbst jedoch keine Rolle.10) Hall hingegen wurde als Besetzung für die Titelfigur Spencer und Behrmann für Kasimir ausgewählt.11)
Im zweiten Produktionsjahr überschnitten sich mehrere Aufführungstermine der Münchner TiK-Produktion „Die Dreigroschenoper“ mit dem „Hallo Spencer“-Dreh im Studio Hamburg.
In dem 1983 erschienenem Sommer-Special "Achterbahn", das aus neun Sonderfolgen bestand, spielte Achim Hall neben seinem persönlichen Lieblingscharakter Spencer, welcher ihm nach den ersten Produktionsjahren schnell ans Herz wuchs, auch die neue Figur Dr. Eugen Brosig, welche ihr Comeback 1987 in der Folge 88: Wie alles begann hatte und dort die Geschichte, wie sich der Pinguin Max und die Känguruhdame Molly kennenlernten, erzählt. In „Achterbahn“ spielte Hall außerdem den Hasen Manfred. Neben Spencer spielte er im Laufe der Serie auch zweimal ersatzweise Lexi, nämlich in den Folgen 62 und 76.12) In der Max-und-Molly-Staffel von 1987 spielte er zudem den Knubbel Mac Zahl, der nach dem Vorbild der Figur Graf Zahl aus der "Sesamstraße" das Zählen und die Zahlen furchtbar gerne liebt. Ab und zu war Spencer auch einarmig, da spielte Achim Hall seine linke Hand, wenn Jürgen Meuter mal nicht zur Verfügung stand oder das Spiel so etwas dynamischer werden konnte. Selten spielte Hall auch die Hände von Poldi oder Nepomuk.
Da wir keinerlei Erfahrung mit […] Fernsehkonzepten hatten, hielten wir uns zu Beginn ganz aus den Textangeboten raus. Aber sobald jedem die Charaktere klar waren, kämpfte jeder um eine gewisse Freiheit bei der Gestaltung im Rahmen seiner Figur. Von Beginn an profitierte die Produktion von der Spielfreude und Spontaneität der Puppenspieler. Später ist die Gruppe zu einer Art Familie zusammen gewachsen. Und dann konnte man improvisieren, was das Zeug hält. Und man konnte auch der Regie Vorschläge machen, oder hat etwas spontan eingebracht, und war einfach verspielter und lockerer. Wir haben viel beigesteuert beim Text.
(Achim Hall, Juli 200913))
Er hat sich verändert. So wie das auch bei Rumpel passiert ist. Er hat sich natürlich zum Teil durch äußere Einflüsse verändert. Also die Redakteure haben teilweise Einfluss genommen. (…) Besonders Angelika Paetow war dafür zuständig. Sie war eine starke Redakteurin. Kermit Love hat mir einmal gesagt: „Puppeteers should be suspicious with their editorial staff. They always want to correct your character.“ Man sollte immer vorsichtig mit der Redaktion sein, sie versucht immer wieder, den Charakter zu hinterfragen, vielleicht zu verändern. Dagegen hat man sich natürlich immer erstmal gewehrt, weil man ja froh war, dass man die Figur auf einem bestimmten Level hatte. Dann hat sich aber doch herausgestellt, (…) dass sie einfach runder und weicher geworden ist. Am Anfang, würd ich sagen, war Spencer ein ziemlicher Potenzprotz. Er war allmächtig, stark, rasend schnell (…), er hatte ein hohes Tempo. Und das haben wir versucht durchzuhalten, doch es hat sich herausgestellt, dass das beim Erzählen der Geschichten doch manchmal zu stark war. Und dann hat der sich ein bisschen verschliffen.
(Achim Hall über Spencer, Juni 201614))
Ein Spencer ohne Achim Halls rauchige, heisere Stimme wäre gar kein richtiger Spencer mehr: Hall wurde für Spencer unverzichtbar und seine Stimme unverwechselbar. Auch als Rumpel spricht er ähnlich markant, auch wenn die Stimmlage hier etwas höher ist. Viele Angewohnheiten von Spencer, die sich in der ganzen Laufbahn der Serie weiterentwickelt haben, stammen von Hall; zum Beispiel berümte Spencer-Zitate wie „Geff!“. Hall selbst erklärte einmal, dass dieser Spruch eine von ihm abgewandelte Version von „Geh weg!“ ist. Auch noch viele andere Sprüche, die nicht im Drehbuch standen und an die man sich gerne erinnert, brachten der jeweiligen Spencerfolge den richtigen Kick. Noch ein berümtes Zitat, welches spontan aus Halls Mundwerk kam, ist beispielsweise „Salami Lateikum, da sehe ich ja schon den Nepomuk!“15). Seine Wortbildung ist vom Nepomuk-Spieler Horst Lateika abzuleiten; die Konsequenz dieses Sprüchleins führte dazu, dass Friedrich Wollweber einen Lachanfall bekam, sodass seine Poldi-Puppe ein wenig zu Schaden kam. Laut Hall habe Peter Podehl (*1922-✝2010) die besten Folgen geschrieben; auch als Regisseur habe er ihn immer sehr geschätzt, da er das Improvisieren der Puppenspieler immer begrüßt habe, und trotzdem seine Dramaturgie durchgesetzt.
Als Schauspieler hat man wenig Gelegenheit sich auf der Bühne zu beobachten, obwohl das ja auch immer eine Rolle spielt. Aber jetzt sah man sich wahrhaftig dabei zu, wie sich eine Emotion nach oben in die Hand überträgt. Und man kann sich sogar korrigieren. (…) Das scheint mir eine wichtige Erfahrung als Schauspieler zu sein. Ich finde, es ist ein Korrektiv gegen alle eitlen Äußerlichkeiten.
(Achim Hall, Juni 201616))
Achim Hall war als Schauspieler unter anderem in den ARD-Fernsehserien "Leonie Löwenherz" und „Marienhof“ zu sehen; in Rollen, für die ihn Winfried Debertin bzw. Silke Klug gewannen. Von 1989 bis 2009 war er als Puppenspieler für die "Sesamstraße" aktiv. Er ist auch als Synchronsprecher für verschiedene Projekte (z.B. für Videospiele und zuletzt für den Animationsfilm „Tomte Tummetott“17) ) in Hamburg tätig gewesen. Außerdem ist er weiterhin an Hörspiel- und Hörbuchproduktionen beteiligt. Seine Karriere am Theater blieb, nachdem er sich vom TiK in München trennte, ohne Unterbrechungen: Er spielte u.a. an Bühnen in Tübingen, München, Düsseldorf, Hamburg und Esslingen am Neckar.
Im Jahr 2009 war er mit dem Ensemblestück „Die Ehe der Maria Braun“18) auf Tournee, und außerdem Mitglied der Jury des Jugendmedienfestivals Berlin. Aktuell ist er regelmäßig in Inszenierungen der Württembergischen Landesbühne Esslingen zu sehen.19)