7. Februar 2024 jannik

Inga Pudenz

Inga Pudenz. Inga Pudenz (geboren am 18. September 19541) in München) ist eine deutsche Produzentin, Medienberaterin und Geschäftsführerin der von ihr gegründeten Agentur scenario. Zwischen 1986 und 1987 war sie für Studio Hamburg als Produktionsleiterin von der NDR-Serie Hallo Spencer, sowie von 32 Episoden der Sesamstraße tätig.

Mich hat immer, immer schon die Arbeit hinter der Kamera viel viel mehr interessiert, als vor der Kamera zu sein. Hinter der Kamera so ein bisschen die Fäden ziehen und so ein bisschen zu lenken und zu führen und zu zeigen, wo der richtige Weg ist, das war das, was mich interessiert hat. Von Anfang an. […] Und das aller aller Wichtigste, was ich gelernt hab, ist, die Wahrheit zu sagen.

(Inga Pudenz, August 20202))

Biographie

Pudenz wuchs als Tochter einer Hamburgerin und mit einer sieben Jahre älteren Schwester im oberbayrischen Landkreis Starnberg auf. Anfang der 1980er Jahre fing sie in der Aufnahmeleitung3) und wenige Jahre später als Produktionsleiterin bei Studio Hamburg an, wo ihre Karriere ihren Anfang nahm. Als leitende Redakteurin und Fernsehproduzentin baute sie seit 1991 in München den Privatsender ProSieben mit auf. 1996 war sie Mitglied im Vergabe-Ausschuss des neugegründeten FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern). Im Dezember 1997 machte sich Pudenz mit ihrer langjährigen Erfahrung in der deutschen Medienbranche selbstständig und gründete gemeinsam mit ihren Kolleginnen Astride Bergauer und Karin Brandner die Agentur scenario, mit welcher sie seither Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler erfolgreich an Film- und Theaterproduktionen vermittelt.4) Unter anderem assoziiert man Pudenz mit ihrer langjährigen und vertrauensvollen Arbeitsbeziehung zur mit ihr befreundeten Schauspielerin Veronica Ferres.

Bis 2005 war sie außerdem Projektbetreuerin des Kuratorium junger deutscher Film, sowie zwischen 1999 und 2000 der Initiative First Movie Program des Bayerischen Filmzentrums. Für den Bayerischen Filmpreis war sie von 2001 bis 2009 Jurymitglied; für den Deutschen Filmpreis ebenfalls zwischen 2003 und 2007.

Pudenz bei der "Sesamstraße" und bei "Hallo Spencer"

1985 wurde Pudenz, die seit vier Jahren in Hamburg lebte, beauftragt, die Herstellung einer modernisierten Neukonzeption der deutschen Sesamstraße für den NDR zu leiten, nachdem die Serie eine zweijährige Drehpause hatte. Zwischen 1984 und 1985 liefen u.a. Wiederholungen der 1977 bis 1983 produzierten Folgen mit Lilo Pulver, die ARD-Quoten seien jedoch zurückgegangen, sodass die Arbeitsgemeinschaft eine „Totalrenovierung“ der Sendung in Auftrag gab. Die neue junge Produktionsleiterin schlug der NDR-Redaktion den mit ihr befreundeten Regisseur Jan Fantl vor, der bereits mehrfach im Studio Hamburg gedreht hatte.5) Der leitende Redakteur Jürgen Weitzel engagierte Fantl, welcher schließlich gemeinsam mit Pudenz die Neubesetzung der Serie beriet.

Ein großer Vorteil war, dass ich mich ganz viel mit Inga Pudenz unterhalten konnte. Wir kannten uns, wir vertrauten uns und sie war eine - schon damals - weniger von den Zahlen getriebene Produktionsleiterin als mehr von den Inhalten im Verhältnis zu den Kosten abwägende Producerin. Und ich als Ex-1stAD auch.

(Jan Fantl, August 20156))

In Zusammenarbeit mit den NDR-Redakteuren besetzten Pudenz und Fantl u.a. Hildegard Krekel und Gernot Endemann als die neu eingeführten menschlichen Hauptcharaktere Bettina und Schorsch. Die Produktionsleiterin nahm außerdem Herbert Langemann als Puppenspieler des Samson unter Vertrag, obwohl seine HIV-Diagnose eine Ausfallversicherung verhinderte; ab Mai 1986 drehten sie danach mehrere Wochen im Studio Hamburg unter der redaktionellen Aufsicht von Weitzel und Angelika Paetow und arbeiteten außerdem mit den Puppenspielern Marita Stolze, Karime Vakilzadeh, Benita Steinmann, Maria Happel und Wilhelm Helmrich zusammen.

In Herbert steckten die Hoffnungen einer großen Chorus Line und 7-8 Wochen täglichen “Samson”-Trainings. Ich nahm mir eine Nacht, um darüber nachzudenken und traf mich mit Inga am nächsten Tag. Wir besprachen alle Aspekte und Inga bot mir an, das Risiko mit zu tragen, wenn ich sie beschützen würde, dass Drehausfälle aufgeholt würden. Wir gaben uns die Hand und beschlossen, Herbert nicht fallen zu lassen. Das werde ich dieser Freundin niemals vergessen. Haben Sie schon mal versucht, eine Studio-Produktionsgesellschaft zu überzeugen, ohne Ausfallversicherung zu drehen? Inga Pudenz hat das gemacht und ich habe mich zeitgleich mit Herbert getroffen. Er hat mir nach einem sehr erwachsenen Gespräch zugesagt, alle Nebeneinflüsse parallel der Dreharbeiten zu reduzieren, sich vollends auf den gewollten Samson zu konzentrieren.

(Jan Fantl, August 20157))

Pudenz trug die Verantwortung und das Risiko u.a. auch für die Produktion der 1986er, 1987er und 1988er Dorfstaffel von Hallo Spencer, da sie auch diese Produktion im Studio Hamburg seit 1986 leitete. Sie produzierte außerdem die 1987er Max-und-Molly-Staffel, in der Langemann in einer einzelnen Episode mitwirkte, und Spencer präsentiert: Der kleine Muck. Unter anderem arbeitete sie in dieser Zeit mit ihrem Kollegen Wulf-Dietrich Kaminski vom NDR zusammen. Ihr Nachfolger war ab 1988 der ehemalige Aufnahmeleiter Thomas Harnisch.

Kontroverse

Obwohl sie in früheren Jahren auch mal Aufnahmeleiterin bei Studio Hamburg war, liegt Pudenz das Schreiben von Drehbüchern wohl weniger. Jedenfalls liegen nun dem NDR konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass zwei Drehbücher und ein Treatment, die die Agentin unter dem Pseudonym Marie Funder für den NDR schrieb, gar nicht aus ihrer Feder stammen, sondern aus der von Doris J. Heinze, der suspendierten Fernsehspielchefin des Senders.

(Kai-Hinrich Renner über Inga Pudenz, September 20098))

Laut der Süddeutschen Zeitung gab der NDR an, dass es sich bei der Drehbuchautorin von Fernsehfilmen wie „Dienstage mit Antoine“9) und „Die Freundin der Tochter“10) um Inga Pudenz, die unter ihrem Pseudonym Marie Funder schreibe, handele. „Funder kennt niemand, Pudenz kennen viele. Sie ist eine bekannte Agentin, hat unter anderem die Fernsehfilm-Chefin des NDR, Doris J. Heinze, betreut, lebt in München und ist sehr umtriebig. Aber kann sie Drehbücher schreiben?“, hieß es in dem Artikel „Eine Frau mit vielen Talenten“, mit welchem die SZ aufdeckte, dass sich hinter dem Funder-Pseudonym definitiv die wegen „diverser Mauscheleien mit Drehbüchern“11) fristlos entlassene Heinze verberge. Zuvor habe Pudenz eine Stellungnahme zu dem Skandal abgelehnt, der NDR wiederum verwies immer wieder auf sie und ihre Agentur.

Die Agentin Pudenz, die nicht reden mag, war mal Leiterin der Abteilung Eigenproduktion bei ProSieben. Sie trat dann als Produzentin in Erscheinung und ist eine der Geschäftsführerinnen der Münchner Agentur Scenario, die rund sechzig Schauspieler, Autoren und Regisseure vertritt. Sie ist als Vertreterin eines Mitglieds im Vergabesausschuss der Bayerischen Film- und Fernsehförderung. Warum macht eine so vielseitige Frau so fatale Sachen?

(Nicolas Richter und Hans Leyendecker, Mai 201012))

Seit Juli 2012 mussten sich u.a. Doris Heinze und ihr Mann Claus Strobel wegen schwerer Bestechlichkeit, schwerer Untreue und Betrugs vor der Wirtschaftskammer des Hamburger Landgerichts verantworten. Heinze wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt.13)

Als Heinzes Verstöße publik wurden, habe sie [die Produzentin] Richter-Karst gefragt, ob die jemanden kenne, der für das Pseudonym einspringen könne, sagte Richter-Karst im Prozess aus. Als der Mitangeklagten niemand einfiel, kam Heinze ihre ehemalige Agentin Inga Pudenz zu Hilfe. Allerdings bereute Pudenz ihren Hilfeversuch vor dem Hamburger Landgericht mittlerweile. Es sei töricht von ihr gewesen, dass sie gegenüber dem NDR zunächst behauptet habe, das Pseudonym „Marie Funder„ sei ihres. Sie habe es nur getan, weil Heinze sie damals um diese Aussage gebeten habe.

(Christoph Brandl, Oktober 201214))

Filmographie (Auswahl)

Dies ist eine Auflistung einiger Produktionen, an denen Pudenz als Produktionsleiterin oder als Produzentin mitwirkte.

Fernsehserien

  • Hallo Spencer (1986-1988)
  • „Glückliche Reise“ (1991-1993)
  • „Immer im Einsatz – Die Notärztin“16) (1994)
  • „Alles außer Mord“ (1994-1996)

Fernsehfilme

  • „Opernball“17) (1998)
  • „Kein Himmel über Afrika“18) (2004)

Privatleben

Inga Pudenz war zwischen 1985 und 1995 mit einem Fotografen verheiratet; 2020 heiratete sie erneut. Sie war laut der Bild am Sonntag im September 2014 außerdem die Trauzeugin ihrer engen Freundin Veronika Ferres und des Unternehmers Carsten Maschmeyer.19) Pudenz ist Tante von drei Neffen, sie lebt und arbeitet in ihrer Heimatstadt München.20) Zwischenzeitig hat sie acht Jahre in Kapstadt in Südafrika gelebt.21)

Weiterführende Artikel

1) , 20)
Quelle: gespraecheueberwandlung.podigee.io (Stand: 05.02.2024)
2)
im Interview mit Tanja Valérien
3)
Vgl. Renner, Kai-Hinrich: NDR-Affäre. Schrieb sich Heinze ihre Skripts selbst?, in: Berliner Morgenpost, 01.09.2009.
4)
Quelle: agentur-scenario.de (Stand: 05.02.2024)
6) , 7)
im Interview mit Julian Schlichting (Quelle: sesamstrassen-fanclub.de (Stand: 05.02.2024) )
8)
Renner, Kai-Hinrich: NDR-Affäre. Schrieb sich Heinze ihre Skripts selbst?, in: Berliner Morgenpost, 01.09.2009.
9)
welcher nicht realisiert wurde, aber für den vier Rechnungen über mehr als 50.000 Euro ausgestellt wurden
10)
verfilmt mit Petra Zieser in einer Hauptrolle
11) , 12)
Richter, Nicolas; Leyendecker, Hans: NDR-Skansal. Eine Frau mit vielen Talenten, in: Süddeutsche Zeitung, 17.05.2010.
13)
Vgl. Brandl, Christoph: Die letzte Klappe. D. Heinze verurteilt, veröffentlicht am 08.10.2012 auf filmunion.verdi.de (Stand: 05.02.2024)
14)
Quelle: filmunion.verdi.de (Stand: 05.02.2024)
15)
mit Hildegard Krekel
16)
mit Thomas Fritsch
17)
mit Franka Potente
18)
mit Veronica Ferres
19)
Vgl. Hoffmann, Christiane: Zwei, wie füreinander geschaffen. In Südfrankreich gaben sie sich heimlich das Ja-Wort, in: Bild am Sonntag, 28.09.2014.
21)
Vgl. Lokoschat, Timo: So sieht ein Fotograf die Münchner, in: Abendzeitung München, 04.12.2014.